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schiffe aus, die die Kauffahrer auf der Elbe in Schutz nahmen Die
Raubritter hatten nun üble Tage. Ihre Burgen wurden belagert,
zerstört, der Erde gleich gemacht, und die Galgen mit ihren Personen
geziert. Nicht bester erging es den Seeräubern; eine mächtige Flotte
lief gegen sie aus, suchte sie auf, vernichtete ihre Fahrzeuge, ersäufte
ihre Mannschaft. Bald erzitterte alles vor der deutschen Hansa, so
nannte man diesen Bund, denn in der Sprache jener Zeit hieß Hansa
so viel als Verbindung. Sogar der König von Dänemark, der
gefährlichste Feind der Städte Lübeck und Bremen, wurde gedemüthigt
und genöthigt, die Feindseligkeiten gegen sie einzustellen.
Als die andern norddeutschen Handelsstädte sahen, wie furchtbar
sich die Hansa gemacht hatte, und wie sicher sie ihren Handel trieb,
so traten viele von ihnen dem Bunde bei. Die ersten waren Braun-
schweig, Rostock, Wismar, Stralsund, Greifswalde, Kolberg,
Stettin, Stolpe, Anclam, in der Folge auch noch viel mehrere,
wie Berlin, Frankfurt an der Oder, Königsberg, Danzig,
Magdeburg, Köln rc., im Ganzen über sechszig Städte. Sie
hatten sich nun selbst vor den mächtigsten Feinden nicht mehr zu fürchten;
im Gegentheil, sie führten eine hohe, gebieterische.-Sprache gegen sie
und wußten ihren Worten Bedeutung zu geben. Wer sich nicht in der
Güte zur Ruhe fügte, der wurde schnell, oft schimpflich, dazu gezwungen.
Mit jedem Jahre verstärkte sich ihr Bund; zur Zeit seiner höchsten
Macht gehörten fünfundachtzig Städte zu demselben. Sie rüsteten
gemeinschaftlich eine Flotte von mehr als 200 Schiffen aus, hielten
ein furchtbares Land Heer, führten Kriege mit mächtigen Fürsten, er-
oberten ihre Städte und Länder, stießen Könige vom Thron. Der
schwedische König Magnus verlor durch die deutsche Hansa feine
Krone, und dem dänischen König Christoph wurde von einem
Danziger Bürgermeister der Krieg erklärt. Andere Städte und Länder
bemühten sich dagegen um die Freundschaft der deutschen Hansa und
räumten ihnen Schiffe, Waarenlager und Vorrechte ein. So kam bald
ihr Handel in den Niederlanden, in England, in den nordischen
Reichen, in Ost-Europa zum höchsten Flor.
Zu Lübeck wurden die Hansatage, das heißt die Bundesver-
sammlungen, gehalten, wobei sich alle Bundesstädte durch ihre Abge-
ordneten einfanden. Auch Gesandte oder • Geschäftsträger aus den be-
nachbarten Staaten erschienen dabei, wenn mit dem Bunde etwas zu
verhandeln war. Hier wurden alle -nöthigen Maßregeln, und Unter-
nehmungen verabredet, die Beiträge -zu den Kosten ausgeschrieben und
die Beschwerden eines jeden gehört und abgethan. Der Bund hielt
strenge Polizei unter seinen Gliedern. Hatte eine Stadt ihre Pflichten
nicht erfüllt, oder sich eines Frevels schuldig gemacht, so wurde sie
verhanset, das heißt aus dem Bunde ausgestoß'en, geächtet, für
eine Feindin aller anderen erklärt. Eine solche Strafe war immer
von furchtbaren Folgen, denn der geächteten Stadt wurden ihre Schiffe
weggenommen und ihr Handel zerstört.
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T60: [Preußen Reich Staat Bund Kaiser deutsch Reichstag König Deutschland Regierung], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff]]
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Extrahierte Personennamen: Stolpe König_Magnus Magnus Christoph
Extrahierte Ortsnamen: Bremen Rostock Wismar Stralsund Kolberg Stettin Berlin Frankfurt Königsberg Danzig Magdeburg Niederlanden England Ost-Europa
221
menheit der jetzigen Druckweise besteht vorzüglich nur in der unglaub-
lichen Schnelligkeit, mit welcher jetzt tausende von Exemplaren eines
Buches, das einmal gesetzt ist, in wenigen Stunden geliefert werden
können, fteilich übertrifft der jetzige Druck den aus dem 15. und 16.
Jahrhunderte im Ganzen auch an Schönheit.
Von 1347 bis 1437 Rüden vir — mit kürzer Unterbrechung — wieder
Fürsten aus dem Hause Luxemburg auf dem deutschen Kaiserthron. Der
erste von ihnen war Karl der Iv. (von 1347—1378). Das Wichtigste, was
Deutschland ihm zu verdanken hat, ist die goldene Balle (von 1356), ein
Reichsgrnndgesetz über die Kaiserwahl und die Rechte der Fürsten.
Diese Bulle wird noch in einem Gemache des Rathhauses zu Frankfurt
am Main aufbewahrt. Nach ihr hatten 7 Fürsten, 3 geistliche und 4
weltliche, den Kaiser zu wählen oder zu küren, weshalb sie Kur-
fürsten genannt wurden. Die 3 geistlichen waren: die Erzmschöfo Von
Mainz, von Trier und von Köln — die 4 weltlichen: die Herzoge von
Sachsen, die Pfalzgrafen am Rhein, die Markgrafen von Brandenburg und
die Könige von Böhmen. — Der letzte Kaiser aus dem Hause Luxemburg
war Sigismund (von 1410 —1437). Dieser Kaiser war es, der — wegen
seiner vielen Kriege in Geldverlegenheit — die Mark Brandenburg erst
verpfändete und endlich än den Burggrafen von Nürnberg, Friedrich
Von Hohenzollem, für 400,000 Goldgulden verkaufte (1415). So wurde die-
ser, als Friedrich 1., der Stammvater des jetzt regierenden preussischen
Hauses*). —
Von 1437 ap folgten in Deutschland nur Kaiser ans dem habsbur-
gischen (österreichischen) Hause. Ein solcher war auch Maximi-
lian L, welcher von 1493-—1519 regierte. Deutschland hat ihm viele nütz-
liche Einrichtungen zu verdanken. Er machte der Gewaltthat seiner Zeit
ein Ende, indem er das Faustrecht und die Fehmgerichte aufhob, den
ewigen Landfrieden stiftete und ein Reichskammergericht einführte (1495).
Deutschland wurde von ihm zur bessern Handhabung der Ordnung in zehn
Kreise eingetheilt. Auch führte er das Postwesen in Deutschland ein und
ernannte den Grafen von Thurn und Taxis zum General-Postmeister **). —
Wie Maximilian einst zu Worms in einem Turnier (Kampfspiel) einen
französischen Ritter aus dem Sattel hob und in den Sand streckte,
diese ritterliche That besingt das nachstehende Gedicht:
23. Kaiser Maximilian.
War einst zu Worms ein groß Turnier
Vom Kaiser ausgeschrieben,
Das lockt'die Ritter rings herbei,
War keiner heim geblieben.
Den ganzen lieben, langen Tag
Man tummelte und Lanzen brach,
War Abends Tanz und Zechen.
Da kam auch aus dem Frankenretch
Ein Mann mit starken Wehren,
Er ritt heran, als wollt' er gleich
Die ganze Stadt verzehren.
Ein riesengroßes Schwert er schwang,
Sein Roß ivar sieben Meter lang.
Vier Meter m der Höhe.
Manch seltsam Wort und Wundermähr'
War ihm vorausgeflogen
Und trug den Schrecken vor ihm her;
So kam er angezogen,
Kehrt in dem besten Gasthof ein,
Läßt seinen Schild mit Hellem Schein
Hoch aus dem Fenster leuchten.
Und rief: „Wer mich im Kampf besiegt,
Dem geb' ich mich zu eigen,
Doch muß auch, wer mir unterliegt
Sich mir als Sklave neigen."
So harrt er sieben Tage lang,
Doch wollte keiner sich den Dank
Mit seiner Haut gewinnen.
') S. Sette 73: Hshenzollern.
**) Bergt. Seite 75: Regeilsburg.
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Extrahierte Personennamen: Karl_der_Iv Karl Sigismund_( Friedrich
Von_Hohenzollem Friedrich Friedrich_1. Friedrich Maximilian Maximilian Maximilian Maximilian
Extrahierte Ortsnamen: Luxemburg Deutschland Frankfurt
am_Main Mainz Sachsen Rhein Brandenburg Luxemburg Brandenburg Nürnberg Goldgulden Deutschland Deutschland Deutschland Deutschland Worms Worms Frankenretch
224
und der neugewählte Kaiser, Karl V., hatte einen Reichstag nach Worms
ausgeschrieben (1521), auf welchem neben vielen weltlichen, besonders
die kirchlichen Angelegenheiten geschlichtet werden sollten. Fast alle
deutschen Fürsten waren auf demselben anwesend. In ihrer Mitte trat
der päpstliche Legat auf und hielt eine feierliche Rede, in welcher er
bewies, daß Luther wirklich Säße lehre, die von der Kirche verdammt
worden seien. Dann setzte er hinzu, „es sei durchaus zwecklos, ihn
nach Worms zu berufen; denn die Erfahrung habe gezeigt, daß er sich
durchaus von niemandem belehren lasse, sondern bei seinen Jrrthümem
hartnäckig beharre." Allein die meisten Fürsten stellten dem Kaiser
vor, wie gefährlich es sei, einen Mann ungehört zu verdammen, dessen
Lehren schon so viele Anhänger gefunden hätten, und Karl stimmte ihnen
bei. Der Kurfürst von Sachsen wurde jetzt aufgefordert, Luther zum
Reichstage zu schicken. Dieser trat, nach Zusicherung eines freien Ge-
leites, am 4. April die Reise an. Am 16. April kam er in Worms
an. Die erste Frage, welche man in der glänzenden Versammlung vor
dem Kaiser, 6 Kurfürsten, 24 Herzogen, 8 Markgrafen, 30 Bischöfen
und vielen Prälaten und Gesandten an Luther richtete, war: ob er die
Bücher — welche man ihm vorzeigte — für die seinigen anerkenne;
und als er sich für deren Verfasser bekannte, fragte man ihn weiter:
ob er bereit sei, ihren Inhalt zu widerrufen. Er bat sich Bedenkzeit
aus, und als er am folgenden Tage seine Grundsätze vertheidigt hatte,
wies er die Aufforderung zum Widerrufe mit der Erklärung von sich:
„sein Gewissen erlaube ihm nicht zu widerrufen, so lange er nicht über-
zeugt sei, daß seine Meinung der Bibel widerspräche." Er schloß mit
den Worten: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir!
Amen." — Nun entließ man ihn mit dem Bescheide, daß er das
Weitere abzuwarten habe. Auf seiner Rückkehr ließ ihn sein Beschützer,
der Kurfürst Friedrich von Sachsen, auf das Schloß Wartburg
bringen. Dann wurde gegen ihn die Reich sacht ausgesprochen, so
wie gegen alle die, welche ihm anhangen oder ihn schützen würden
Sein Aufenthalt auf der Wartburg wurde vor Freunden und Feinden
sorgsam verborgen gehalten. Seine Gegner hielten ihn für todt; er
aber übersetzte dort die Bibel in die deutsche Sprache. Später verließ
er wider den Willen des Kurfürsten die Wartburg, eilte nach Witten-
berg und eiferte hier acht Tage nach einander in Predigten gegen die
Gewaltthaten, welche Karlstadt, Luthers Freund, daselbst verübt
hatte. Von nun an blieb Luther in Wittenberg, von wo aus sich seine
Lehre in Norddeutschland nach und nach über Sachsen, Thürin-
gen, Hessen, Mecklenburg, Braunschweig und Brandenburg
verbreitete, und in Süd deutsch land auch Eingang fand in die Städte:
Frankfurt a. M., Nürnberg, Augsburg, Straßburg u. s. w. Im Jahre
1546 starb Luther auf einer Reise zu Eisleben; der Kurfürst von Sachsen
ließ ihn zu Wittenberg begraben. Die Anhänger Luthers erhielten dm
Namen Protestanten, weil sie gegen den Beschluß des Reichstages
zu Sveier (1529), der alle Neuerungen in kirchlichen Dingen bis zur
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
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Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Karl Karl Friedrich_von_Sachsen Friedrich Karlstadt
247
b. h. kein neues Gesetz kann endgültig zu Stande kommen, ohne die Zu-
stimmung des Königs und der Leiden Kammern, welche seit 1855
aus einem „Herrenhause" und einem „Hause der Abgeordneten"
bestehen. Für die Provinzen stnd berathende Versammlungen
(Provinzialstände) angeordnet, und die bürgerlichen Gemeinden
werden nach den bestehenden Gemeindeordnungen verwaltet.
Schon im Jahre 1849 hatten die Leiden Fürsten von Hohen-
zollern dem Könige von Preußen ihr Land, das Stammland des
Königshauses, abgetreten, und am 23. August 1851 wurde demselben
dort auf dem hochgelegenen Stammschlosse gehuldigt. Zum Gedächtniß
dessen stiftete der König den hohenzollern'schen Hausorden mit
der Aufschrift: „Vom Fels zum Meer!"
Im Herbste 1857 befiel den König ein Gehirnleiden, von welchem
er nicht wieder genas. Er sah sich daher genöthigt, die Regierung
seinem ältesten Bruder, dem Prinzen von Preußen, zu übertragen,
welcher von nun an den Titel „Prinz-Regent" führte und „im
Namen des Königs" regierte. Am 2. Januar 1861 endete ein
sanfter Tod die langen und schweren Leiden des Königs. Am 7. Ja-
nuar wurde die sterbliche Hülle desselben — wie er es vorher ge-
wünscht hatte — in der von ihm erbauten „Friedenskirche" bei
Sanssouci'beigesetzt.
L6. Wilhelm I., König von Preußen.
(1861.)
Da Friedrich Wilhelm Iv. keine Kinder hinterließ, so folgte ihm
auf dem Throne der Prinz-Regent als König Wilhelm I. Gleich
beim Antritt seiner Regierung, am 7. Januar 1861, erließ der König
eine Ansprache an sein Volk. Darin sagte derselbe unter Anderm:
„Dem Könige" (Friedrich Wilhelm Iv.), „der so Großes zu begründen
wußte, gebührt ein hervorragender Platz in der glorreichen Reihe der Monarchen,
welchen Preußen seine Größe verdankt, welche es zum Träger des deutschen
Geistes machten. Dies hohe Vermächtniß meiner Ahnen will ich getreulich
wahren. Mit Stolz sehe ich mich von einem so treuen und tapfern Volke,
von einem so ruhmreichen Heere umgeben. Meine Hand soll das Wohl und
das Recht Aller in allen Schichten der Bevölkerung hüten, sie soll schützend
und fördernd über diesem reichen Leben walten. — Ich will das Recht des
Staats befestigen und ausbauen und die Institutionen, welche Friedrich Wil-
helm Iv. ins Leben gerufen hat, aufrecht erhalten. Treu dem Eide, mit wel-
chem ich die Regentschaft übernahm, werde ich die Verfassung und die
Gesetze des Königreiches schirmen. Möge es mir unter Gottes gnädigem
Beistände gelingen, Preußen zu neuen Ehren zu führen! Meine Pflichten für
Preußen fallen mit meinen Pflichten für Deutschland zusammen. Als
deutschem Fürsten liegt mir ob, Preußen in derjenigen Stel-
lung zu kräftigen, welche es vermöge seiner ruhmvollen Ge-
schichte, seiner entwickelten Heeres-Organisation unter den
deutschen Staaten zum Heile Aller einnehmen muß." —
Ja — „zum Heile Aller" — mußte Preußen unter den deutschen
Staaten eine andere Stellung einnehmen als bisher. Denn der deutsche
Bund hatte in dem halben Jahrhundert seines Bestehens sich stets un-
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Extrahierte Personennamen: August Wilhelm_I. Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Wilhelm_I. Friedrich_Wilhelm_Iv. Friedrich Wilhelm_Iv. Friedrich_Wil- Friedrich
259
83. Der norddeutsche Bund.
(1867.)
„Einigung Deutschlands unter Preußens Führung!" --
das war schon seit langer Zeit das Ziel der Wünsche und Bestrebungen
aller Vaterlandsfreunde gewesen. Nach diesem Ziele hin hatte König
Wilhelm I. durch die glänzenden Erfolge des Krieges einen gewal-
tigen Schütt vorwärts gethan. Preußen ging aus demselben als die
alleinige, leitende Großmacht in Deutschland hervor. Nach her-
gestelltem Frieden war es daher des Königs erste Sorge, auf Grund der
Friedensverträge alle norddeutschen Staaten von der Nord- und Ostsee
bis zum Main und Erzgebirge zu einem mächtigen „norddeutschen
Bund" zu vereinigen — und in demselben aus dem getrennten
preußischen Staatsgebiet einen starken, fest zusammenhangen-
den Kern zu bilden. Zu diesem Zwecke wurden das Königreich
Hannover, das Kurfürstenthum Hessen, das Herzogthum
Nassau, die freie Stadt Frankfurt am Main und die Herzog-
thümer Schleswig-Holstein durch ein Gesetz mit dem preußischen
Staate für immer vereinigt. Sie bilden seitdem die drei neuerworbenen
Provinzen: Hannover, Hessen-Nassau und Schleswig-Holstein.
Das Gebiet des norddeutschen Bundes umfaßte bei feiner Grün-
dung 22 Staaten: Preußen, Sachsen, Mecklenburg-Schwerin,
-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Sachsen-Weimar,
-Coburg-Gotha, -Altenburg, -Meiningen, Schwarzburg-
Sondershausen, -Rudolstadt, Reuß-Greiz, -Schleiz,
Anhalt, Lippe-Detmold, -Schaumburg, Waldeck, Lübeck,
Bremen, Hamburg und den nördlich vom Main gelegenen Theil
des Großherzogthums Hessen.
Statt des losen Bandes, welches die deutschen Staaten zur Zeit
des „deutschen Bundes" nur zum Schein umschlang, wurde in
der „Verfassung des norddeutschen Bundes" ein festeres Band
geknüpft „zum Schutze des Bundesgebietes und des inner-
halb desselben gültigen Rechtes, sowie zur Pflege der
Wohlfahrt des deutschen Volkes."
Die Gesetzgebung des Bundes wurde ausgeübt durch den Bun-
desrath und den Reichstag. Der Bund es rath bestand aus den
Vertretern der Regierung eines jeden zum Bunde gehörenden
Staates, der Reichstag aus den gewählten Abgeordneten
des Volkes. Zu einem Bundesgesetze war die Übereinstimmung
der Beschlüsse beider Versammlungen erforderlich.
^ An der Spitze des Bundes stand als Vundes-Prästdent der
König von Preußen, welcher den Bund völkerrechtlich zu ver-
treten, im Namen des Bundes Krieg zu erklären und Frieden zu
schließen, Bündnisse und Verträge mit fremden Staaten einzugehen
und Gesandte zu beglaubigen und zu empfangen berechtigt war.
Die gesammte Land- und Seemacht des Bundes war^eine einheit-
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I.
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschland Ostsee Main Hannover Hessen Frankfurt_am_Main Schleswig-Holstein Hannover Hessen-Nassau Schleswig-Holstein Sachsen Mecklenburg-Schwerin Oldenburg Braunschweig Sachsen-Weimar Schwarzburg-
Sondershausen Lippe-Detmold Bremen Hamburg Main Hessen
261
rungszüge seines Onkels wieder beginnen würden. Es ging aber doch
nicht ganz so, wie sie wünschten. Denn im Jahre 1866 mußten sie es
erleben, daß die Deutschen im eigenen Hause ausräumten, ohne daß sie
mithalfen und ohne daß sie einen Vortheil davon hatten. Das erregte
ihren alten Haß und Neid, besonders gegen Preußen, welches den
großen Sieg von Königgrätz allein erfochten und durch die Gründung
des norddeutschen Bundes, sowie durch die Schutz- und Trutz-
bündnisse mit den Südstaaten, die Einigung Deutschlands so
kräftig angebahnt hatte. Schon vor dem Kriege 1866 und bald nach-
her hatte der französische Botschafter Benedetti dem norddeutschen
Bundeskanzler Grafen Bismarck wiederholt Bündnisse angetragen, in
denen es auf nichts weniger abgesehen war, als auf Abtretung alles
deutschen Landes zwischen Mosel und Rhein, oder die Erwerbung
von Luxemburg und Belgien für Frankreich. Als aber diese Ver-
suche, sich auf Kosten Deutschlands zu vergrößern, ohne Erfolg blieben,
schrieen die Franzosen: „Rache für Königgrätz!", wie sie früher ge-
schrieen hatten: „Rache für Leipzig und Waterloo!" — König
Wilhelm aber ließ sie schreien, während seine Fürsorge vor Allem
darauf gerichtet war, durch den Ausbau des norddeutschen Bundes die
Friedensarbeit und den Wohlstand des Volkes zu heben. Von den
vielen zu diesem Zwecke mit dem Reichstage vereinbarten und bereits
eingeführten Gesetzen seien hier nur genannt: die „Gewerbeordnung",
das „Strafgesetz", das „Freizügigkeitsgesetz" und das Gesetz
über einheitliches „Maß und Gewicht".
So kam der Sommer des denkwürdigen Jahres 1870. Tiefer
Friede ruhte über der Erde. Die Eisenbahnzüge füllten sich täglich
mehr mit Reisenden; Kranke eilten, Genesung suchend, hoffnungsvoll in
die Bäder. Auch das alte, weltberühmte Bad Ems an der Lahn hatte
sich durch zahlreichen Zuzug aus allen Theilen der Erde neu belebt.
Aus der Menge der Kurgäste ragte eine hohe und mächtige Gestalt
um Haupteslänge hervor: ein Greis mit silberweißem Haar und Bart,
aber jugendlich noch in seinem Schritt und in seiner ganzen Erschei-
nung. Dieser alte Herr in schwarzer Kleidung, mit dem freundlichen
Wesen war der König Wilhelm von Preußen, der alljährlich in
Ems sich einige Wochen Erholung gönnt, um sich an der sprudelnden
Heilquelle und in gesunder Bergluft zu stärken zu neuer Arbeit. Die
Bewohner des Städtchens und die Besucher desselben freuen sich jedes-
mal über seine Ankunft; Jedermann liebt ihn.
Doch nur wenige Wochen sollte dieses friedliche Stillleben dauern.
Denn „es kann der Frömmste nicht in Frieden bleiben, wenn es dem
bösen Nachbar nicht gefällt." — Am 4. Juli brachten die Zeitungen
die Nachricht, daß dem Prinzen Leopold von Hohenzollern von der
spanischen Regierung die Königskrone von Spanien angetragen sei und
daß der Prinz sich zur Annahme derselben bereit erklärt habe. „Was,"
schrieen jetzt die Franzosen, „ein Hohenzoller auf Spaniens Thron?"
„Das duldet das große, das herrliche Frankreich nicht." Also schrieen
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Extrahierte Personennamen: Benedetti Wilhelm Wilhelm Leopold_von_Hohenzollern Leopold
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Rhein Luxemburg Belgien Frankreich Deutschlands Leipzig Bad_Ems Spanien Spaniens Frankreich
45
zu überliefern. Die richterlichen Beamten haben den eines Ver-
gehens Angeklagten in Untersuchung zu nehmen und nach Befund
freizusprechen oder zu verurtheilen. Schwerere Vergehen aber, Ver-
brechen, werden unter dem Vorsitze königlicher Richter vor Schwur-
gerichten verhandelt, welche aus unbescholtenen Bürgern bestehen, die
Geschworene genannt werden. Die Geschworenen haben nach Fest-
stellung des Thatbestandes über den eines Verbrechens Angeklagten
ihr „Schuldig oder Nicht schuldig" auszusprechen, worauf alsdann
die richterliche Verurtheilung oder Freisprechung erfolgt. Zurauf-
bewahrung der verurtheilten Verbrecher dienen die Zuchthäuser. —
Die Obrigkeit im Staate soll dem Unrecht, dem Bösen, wehren
und bildet daher den Wehrstand im weitern Sinne; aber der Wehr-
stand im eigentlichen Sinne ist die bewaffnete Macht, das
Militair, die Armee oder das Kriegsheer, welches aus dem
stehenden Heere und aus der Landwehr besteht. Jeder wehr-
hafte Preuße gehört 7 Jahre lang, in der Regel vom vollendeten
20. bis zum beginnenden 28. Lebensjahre, zum stehenden Heere —
und zwar die ersten 3 Jahre bei den Fahnen, die letzten 4 Jahre
in der Reserve — und die folgenden 5 Lebensjahre zur Landwehr.
Die Kriegs-Marine (Kriegsflotte) in der Nord- und Ostsee ist
dazu bestimmt, die Gewässer und Küsten, sowie den Seehandel
zu schützen. Der Kieler Hafen und der Jahdebusen sind zu
Kriegshäfen bestimmt. Die gesammte Land- und Seemacht ist
dazu da, den Staat gegen Angriffe äußerer Feinde, sowie
gegen Aufruhr und Empörung im Innern zu schützen.
6. Ihrer Religion nach sind die Bewohner des preußischen Staates
Christen; doch leben zerstreut unter diesen auch etwa 314,000 Juden.
Die Christen unterscheiden sich nach dem Bekenntnisse ihrer
Religion in Evangelische und Katholiken. Die Mehrzahl, fast
2/3 der Bevölkerung, bekennt sich zur evangelischen, und y3 zur
katholischen Religion. Die Rheinprovinz, Westphalen,
Schlesien und die Provinz Posen sind überwiegend von Katho-
liken, dagegen die Provinzen Sachsen, Hessen-Nassau, Han-
nover, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Pommern und
Preußen" vorherrschend von Evangelischen bewohnt. Juden
wohnen in allen Provinzen, die meisten aber in der Provinz Posen.
7. An der Spitze des preußischen Staates und der gesammtcn
Verwaltung desselben steht als Regent, Fürst oder Landesherr
der König von Preußen: Wilhelm I. Da der König seinen Sitz
oder seine Residenz in Berlin hat, so ist diese Stadt die Haupt-
oder Residenzstadt des Staates. — Aus dem bisher Gesagten ist
leicht einzusehen, welch eine große bürgerliche Gesellschaft ein Staat
ist, und daß ein solcher unmöglich von einem Einzelnen, dem Könige
allein, verwaltet werden kann: und eben deswegen sind die im Vor-
hergehenden genannten Veranstaltungen und Beamten des
Staates nöthig, die alle ihre Amtsgewalt im Namen des Königs aus-
TM Hauptwörter (50): [T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser]]
TM Hauptwörter (100): [T68: [Gericht Recht Richter König Strafe Gesetz Urteil Sache Person Verbrechen], T44: [Sachsen Provinz Preußen Königreich Hannover Bayern Staat Hessen Baden Land], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T3: [Lage Karte Land Europa Geographie Klima Größe Verhältnis Grenze Gliederung]]
TM Hauptwörter (200): [T62: [Gericht Recht Gesetz Richter Jahr Volksversammlung Senat Plebejer Beamter König], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T44: [Preußen Polen Brandenburg Provinz Land Schlesien Sachsen Pommer Friedrich Schweden], T60: [Mann Heer Jahr Offizier Soldat Landwehr Truppe Krieg Armee Regiment], T19: [Reich deutsch Kaiser Reiche Zeit Karl Jahr Ende Konstantin groß]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I.
Extrahierte Ortsnamen: Ostsee Sachsen Hessen-Nassau Schleswig-Holstein Brandenburg Pommern Posen Berlin
225
Entscheidung eines allgemeinen Concils verbot, protestirten. Als
die Versuche des Kaisers, die Religionsstreitigkeiten friedlich beizulegen,
aus den Reichstagen zu Augsburg (1530) und zu Trient (1545)
gescheitert waren, entbrannte jener Religionskrieg, der schmalkaldische
Krieg genannt, der 1555 durch den Religionsfrieden auf dem
Reichstage zu Augsburg damit endete, daß den Protestanten freie
Religionsübung im Reiche gestattet wurde.
27. Der dreißigjährige Krieg.
Ungeachtet des Augsburger Religionsfriedens blieb aber die Er-
bitterung der Parteien, so daß zuletzt ein weit furchtbarerer Krieg, der
dreißigjährige Krieg (von 1618 — 1648) hereinbrach. Alle
Schrecknisse der Verheerung, des Raubes, Brandes und Mordes
wurden in diesem Kriege über das unglückliche deutsche Vaterlan
verhängt — durch die kaiserlichen Schaaren unter Tilly und
Wallenstein sowohl, als auch durch die Dänen unter Christian Iv.,
die Schweden unter Gustav Adolph, und die Franzosen unter
Türenne und Conds. Ströme von Blut wurden vergossen, wehr-
lose Weiber und Kinder ermordet und Städte und Dörfer verwüstet.
Wo früher Wohlstand blühte, herrschte Noth und Elend, ganze Ge-
genden waren entvölkert, Räuber und wilde Thiere hausten, wo
früher der Pflug gegangen war, und machten Wege, Dörfer und
Städte unsicher, und erst, nachdem Deutschland eine große Einöde ge-
worden, kam zu Münster und Osnabrück der westfälische Friede
zu Stande (1648), in welchem den Protestanten gleiche Rechte
mit den Katholiken eingeräumt und zugleich festgesetzt wurde, daß
sie alle Kirchen und Kirchengüter behalten sollten, die sie seit dem
Jahre 1624, welches das Normaljahr genannt wird, besaßen. Dort,
wo Hermann einst die Legionen des Varus schlug und sein Vaterland
von der Herrschaft der Römer befreite, da beugte jetzt Deutschland
seinen Nacken und ließ von beutelustigen Fremden sich einen schmach-
vollen Frieden diktiren, denn verschiedene Theile wurden jetzt vom deut-
schen Reiche abgerissen. Frankreich erhielt das schöne Elsaß; Schweden
bekam einen Theil von Pommern und die Insel Rügen und außer-
dem 5 Millionen Thaler Kriegsentschädigung. Die ver-
einigten Niederlande wurden als neuer Staat vom deutschen
Reichsverbande losgerissen, und die Unabhängigkeit der Schweiz
von Deutschland wurde anerkannt.
Als daher die Friedenstrompeten das Ende des 30jährigen Krieges
durch Deutschland verkündeten, da tönten wohl die Glocken hinab in
die Straßen, um einzuladen zum Dankgebet im Tempel des Herrn.
Aber man sah nicht zahlreiche, fröhliche Schaaren herbeieilen zum Gottes-
hause; denn mehr als die Hälfte der Bevölkerung Deutschlands war
nicht mehr. Väter und Brüder waren im Kriege gefallen, Mütter und
Töchter hatte der Gram verzehrt und Kinder und Enkel der Hunger
dahin gerafft.
Haesters' Lesebuch ftir Oberks, Simultair-Aus^. 16
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Extrahierte Personennamen: Christian_Iv. Gustav_Adolph Gustav Hermann Varus
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Frankreich Schweden Pommern Deutschland Deutschland Deutschlands
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see-Kanals — und den Beitritt der Herzogthümer zum deutschen
Zollverein. Da aber der Prinz von Augustenburg sich nicht geneigt
gezeigt hatte, auf diese Forderungen einzugehen, so lehnte Preußen den
Antrag Österreichs ab.
Mttlerweile waren aber auch im Schoße der gemeinschaftlichen
Landesregierung Uneinigkeiten eingetreten, welche das bisher bestandene
Lundesfreundliche Verhältniß ernstlich zu trüben drohten. Um diese für
die Zukunft zu verhüten, war zu Gastein am 29. August 1865 ein
Vertrag zu Stande gekommen, nach welchem das Herzogthum Lauen-
burg gegen eine Geldentschädigung von 2i/2 Will, dänischer Thaler,
welche Preußen an Österreich zahlte, in den alleinigen Besitz von
Preußen überging, die Regierung der beiden anderen Herzogthümer
aber — unter Vorbehalt des gemeinschaftlichen Besitzrechtes —
geographisch in der Art getheilt wurde, daß Österreich diese in Hol-
stein, Preußen die in Schleswig übernahm. Die österreichischen
Truppen wurden daher nach Holstein und die preußischen nach
Schleswig verlegt. Aber auch jetzt kamen bald zu den früheren
Zwistigkeiten neue hinzu, und als man nach verschiedenen Versuchen
zu einer Verständigung über die definitive*) Zukunft der Herzogthümer
nicht gelangte, stellte Österreich am 1. Juni 1866 die Entscheidung
der schleswig-holsteinischen Frage „den Entschließungen des deut-
schen Bundes anheim" und erklärte zugleich, daß der kaiserliche
Statthalter in Holstein die dortige Landesvertretung auf den
11. Juni zusammenberufen werde. Diese Übertragung der schleswig-
holsteinischen Sache an den Bund und die einseitige Einberufung der
Land es Vertretung erklärte Preußen für einen Bruch des Gasteiner
Vertrags. In Folge deffen und ans Grund des Mitbesitzungs-
rechts auch in Holstein rückte der preußische General von Man-
teuffel mit Truppen aus Schleswig wieder in Holstein ein und
richtete an den österreichischen Statthalter von Gablenz die Auf-
forderung, mit ihm wieder eine gemeinschaftliche Regierung der
beiden Herzogthümer zu bilden. Dieser lehnte das Anerbieten ab und
zog mit seinen Truppen und dem Prinzen von Augustenburg unter
Protest**) sich aus Holstein nach Österreich zurück. Auf die Nachricht
von den Vorgängen in Holstein erklärte Österreich die Besetzung von
Holstein durch Preußen für einen Vertragsbruch und stellte am 11. Juni
1866 am Bunde den Antrag, das gesammte Bundesheer, mit Aus-
schluß des preußischen Antheils, gegen Preußen mobil***) zu machen.
Ungeachtet des Widerspruchs des preußischen Bundestags-Gesandten
gegen jede geschäftliche Behandlung dieses Antrages als eines bundes-
widrigen, wurde derselbe in der verhängnißvollen Sitzung des Bundes-
tages am 14. Juni 1866 mit 9 gegen 6 Stimmen zum Beschluß
erhoben. Für denselben, also gegen Preußen, hatten gestimmt: Öster-
*) definitiv — entscheidend, abschließend.
**) Protest — Widerspruch, Rechtsvorbechau.
***) mobil --- marsch- und kriegsfächig.
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Im deutschen Hauptquartier zu Versailles, in jenem Schlöffe,
wo einst französische Könige ihre Befehle zur Beraubung Deutschlands
ertheilt, wurde am 15., 23. und 25. November 1870 zwischen dem
Norddeutschen Bunde und den süddeutschen Staaten Bayern,
Würtemberg, Baden und Hessen „ein ewiger Bund geschlossen
zum Schutze des Bundesgebietes und des innerhalb des-
selben gültigen Rechtes, sowie zur Pflege der Wohlfahrt
des deutschen Volkes." Dieser Bund führt den Namen „Deut-
sches Reich." Das Präsidium des Reiches steht dem Könige von
Preußen zu, welcher den Namen „Deutscher Kaiser" führt.
Am 18. Januar 1871 — gerade 170 Jahre nach der Gründung
des Königreichs Preußen — erklärte König Wilhelm in nachstehender
Proklamation an das deutsche Volk sich zur Annahme der Kaiser -
würde bereit:
„Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen, verkünden hiermitr
Nachdem die deutschen Fürsten und freien Städte den einmüthigen Ruf an
uns gerichtet haben, mit Herstellung des deutschen Reiches die seit mehr denn
60 Jahren ruhende Kaiserwürde zu erneuern und zu übernehmen; und nachdem
in der Verfassung des deutschen Bundes die entsprechenden Bestimmungen vor-
gesehen sind, bekunden wir hiermit, daß wir es als Pflicht gegen das gesammte
Vaterland betrachten, diesem Ruse der verbündeten Fürsten und freien Städte
Folge zu leisten und die deutsche Kaiserwürde anzunehmen. Demgemäß werden
wir und unsere Nachfolger in der Krone Preußen fortan den Kaisertitel in
allen unseren Beziehungen und Angelegenheiten des deutschen Reiches führen
und hoffen zu Gott, daß es der deutschen Nation gegeben sei, unter diesem
Wahrzeichen ihrer alten Herrlichkeit das Vaterland einer segensreichen Zukunft
entgegenzuführen. Wir übernehmen die kaiserliche Würde m dem Bewußtsein
der Pflicht, in deutscher Treue die Rechte des Reiches und seiner Glieder zu
schützen, den Frieden zu wahren, die Unabhängigkeit Deutschlands zu stützen
und die Kraft des Volkes zu stärken. Wir übernehmen sie in der Hoffnung,
daß es dem deutschen Volke vergönnt sein werde, den Lohn seiner heißen und
opferwilligen Kämpfe in dauerndem Frieden und innerhalb der Grenzen zu ge-
nießen, welche dem Vaterlande die seit Jahrhunderten entbehrte Sicherheit gegen
erneute Angriffe Frankreichs gewähren werden. Uns aber und unsern Nach-
folgern in der Kaiserkrone wolle Gott verleihen, allezeit Mehrer des Reiches zu sein,
nicht in kriegerischen Eroberungen, sondern in den Werken des Friedens aus
dem Gebiete nationaler Wohlfahrt, Freiheit und Gesittung.
Hauptquartier Versailles, den 18. Januar 1871. Wilhelm"
So ist der 18. Januar 1871, der Gedenktag des preußischen
Krönungsfestes, in Versailles zugleich zum Geburtstag des nemr-
standenen „Deutschen Kaiserreichs" geworden, allüberall freudig be-
grüßt, „so weit die deutsche Zunge klingt":
„Denn geendigt nach langem verderblichen Streit
War die kaiserlose, die traurige Zeit."
Am ersten Frühlingstage des Jahres 1871, am 21. März, eröff-
nete der Kaiser Wilhelm den ersten „Deutschen Reichstag" zu
Berlin und gedachte in der Thronrede des glorreichen Kampfes
und der Begeisterung, mit welcher das ganze deutsche Volk sich zur
Vertheidigung des bedrohten Vaterlandes erhob und in unvertilgbarer
Schrift auf den Schlachtfeldern Frankreichs seinen Willen verzeichnete,
ein einiges Volk zu sein und zu bleiben. „Möge" — so
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelm Gottes_Gnaden_König_von_Preußen Wilhelm